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Alles nur eine Phase.

Hallo liebe Wolke,
man sagt doch, dass alles nur eine Phase sei, oder?
Letztes Jahr irgendwann besuchte ich eine Neurologin, man geht ja auch zweimal im Jahr zum Zahnarzt zur Prophylaxe, also dachte ich, meinen Nerven könnte es nicht schaden, wenn ich mich mal beraten lasse. Vorsorglich. Mein kleines Leben hatte seinerzeit diese schrecklichen Schlafstörungen, und auch ansonsten fand ich auf meinem Teller meist nur die Kerne statt der Kirschen. Gut, es ist jetzt nicht so, dass ich das anders kannte, eigentlich bot mir mein Leben ja schon immer eher die Kerne. Und nicht die Kirschen. Habe ich ja schon erzählt.
(Obwohl ich Kirschen echt gerne esse.)

Schlafmittel

„Guten Tag, ich bin tierisch erschöpft. Meine Tochter hat massive Schlafstörungen, ich selbst bin hundemüde und schlafe direkt ein, wenn ich mich hinlege. Ich möchte gern vorsorglich etwas für mich tun, damit das nicht schlimmer wird. Von Burnout habe ich nämlich schon mal gehört. Und da dachte ich, ich komme zu Ihnen und frage, was Sie mir empfehlen können.“

Nachdem ich dann noch ein paar Details aus meiner aktuellen Lebensphase berichtet hatte, kam die Neurologin (die ungefähr zehn Jahre jünger als ich war, und mich mit einem einigermaßen leeren Blick musterte, dass ich dachte, ich gehe besser wieder, sonst macht sie gleich die Einweisung fertig) zu dem Schluß:
„Ich verschreibe Ihnen ein Schlafmittel.“

Ein Schlafmittel für mich. Nicht für mein kleines Leben.
Ich hatte selten so einen Lachflash wie an jenem Tag in dieser neurologischen Praxis.

Alles nur eine Phase

Bekanntlich ist im Leben alles nur eine Phase. Man kennt das von sich, und man kennt es von seinem Kind noch mehr. Irgendwann hatte ich mich also wieder einigermaßen bekrabbelt, auch ohne neurologische Hilfe. Der Kindergarten hat mich vor der totalen Erschöpfung gerettet. Ein bisschen Me-Time für Mama ist außerordentlich hilfreich, wenn man seinen leeren Körper-Kopf-Akku wieder aufladen möchte: Hinlegen, nix denken, ausruhen, schlafen. (Kleiner Tipp von mir.)

Das Schlafverhalten meines kleinen Lebens hat sich seitdem gebessert, es ist noch nicht der Knaller, aber zumindest schlage ich mir in den meisten Fällen nicht mehr die Nächte um die Ohren, um philosophische Fragen des Kleinkindlebens zu beantworten. Schön ist das.

Unschön ist allerdings:

Seit ich O. vor fünf Wochen (Wahnsinn, fünf Wochen!) die Tür vor der Nase zugeknallt habe, was sich jetzt noch wie ein ritterlicher Befreiungsschlag meinerseits anfühlt (ehrlich!), ist mein kleines Leben in eine neue Phase eingetreten.
Ich habe mal gehört, dass Kinder Anlauf nehmen bevor sie einen Entwicklungssprung machen und sich erst mal – für ein Weilchen – wieder zurückentwickeln und klein werden. Also noch kleiner als sie es eigentlich sind.
Vielleicht also steht der nächste Entwicklungssprung bevor und mein kleines Leben wird mir in zwei Wochen die Sache mit der Quantenphysik erklären, vielleicht aber auch nicht und es besteht irgendein zeitlicher Zusammenhang mit der „Tür vor Nase zuknallen“-Geschichte:
Mein kleines Leben klebt zur Zeit an mir wie eine Klette.

Klettverschluss

Es gab diese Phase schon mal, in der ich nicht allein aufs Klo und überhaupt gar nichts allein machen durfte, ohne dass sich ein kleines Äffchen an meinem mütterlichen Fell festklammerte. Und mich nicht mehr los ließ. Der jetzige Zustand ist sehr ähnlich.
Allerdings, und das unterscheidet diese Phase von der letzten, hat mein kleines Leben in der Zwischenzeit eine einschneidende Erfahrung gemacht: Etwas für immer zu verlieren.
So ist das im Leben: Der eine ist froh, dass es so ist. Der andere eben nicht. Und nun hat meine kleine Tochter Angst, auch ich könnte sie plötzlich für immer verlassen, obwohl ich doch seit fast 146.000 Tagen und unglaublichen 3.504.000 Stunden immer bei ihr war. Immer, immer, immer. (Außer im Kindergarten oder wenn der Opa mit ihr spazieren geht. Zugegeben. Also bitte ein paar Stunden wieder abziehen.)
Ich bin wieder zu ihrem Klettverschluss geworden.

Für immer.

Also versuche ich, so gut es eben geht, ihre Hand zu halten und ihr zu versichern, ich bin immer da. Ich gehe nicht weg. Ich bleibe. Und zwar für immer. Das ist so, wenn man Mama ist. Da gibt es überhaupt keine Diskussionen. Da setzt man den Punkt und das große Ausrufezeichen dahinter.
Angst zu haben ist eine unschöne Angelegenheit. Ich kenne das von mir, früher war ich ziemlich ängstlich. Vor allem, wenn man stets die Kerne statt der Kirschen auf dem Teller findet.
Aber auch diese Phase nun geht vorbei, da bin ich mir ziemlich sicher, es ist ein bisschen erschöpfend, wenn man sein fast vierjähriges Mädchen wieder so betreuen muss, als wäre es ein Neugeborenes.
Jede Phase des Leben hat ihren eigenen Zauber.

Halt‘ dich an mir fest!

Also halte ich ihre Hand ganz fest. Eines Tages, bestimmt noch in diesem Frühling, wird sie das Gefühl in ihrem Herzen wieder fest verankert haben, dass es etwas gibt, das immer bleibt: Mich.

Bis dahin nutze ich die kinderfreien Stunden wieder zum Ausruhen, liebe Wolke, das hat bei meiner letzten Phase ja auch ganz gut geklappt. Und zu wissen, dass jemand, den ich mehr liebe als alles andere auf der Welt, ach was, im ganzen Universum, mich gerade sehr braucht, ist ein gar nicht schlechtes Gefühl.

Flieg gut durch den Sonntag, meine Wolke!


 

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